• Gut drei Dutzend neue Elektroauto-Modelle werden in den kommenden zwei Jahren erhältlich sein.
  • Auch wenn der Anschaffungspreis meist höher liegt als der eines vergleichbaren Verbrenners: Einige Modelle sind über ihre Lebensdauer hinweg günstiger als Benziner oder Diesel.
  • Die Hersteller müssen mehr Elektroautos verkaufen, um künftige CO2-Limits erreichen zu können.

Die Spannung steigt: Allein in den nächsten zwei Jahren kommen zahlreiche neue Elektroauto-Modelle auf den Markt, vom wendigen Kleinwagen bis hin zum SUV-Ungetüm, von asiatischen Herstellern für preisbewusste Käufer bis hin zu den deutschen Premium-Marken. Über mangelndes Angebot soll sich spätestens 2020 niemand mehr beschweren können. Allenfalls der Preis könnte ein Kaufhindernis bleiben.

Wenn Volkswagen allerdings ab 2020 seinen ID für unter 30.000 Euro anbietet – was heute ein gut ausgestatteter VW Golf Diesel kostet -, könnte das die elektromobile Autowelt gehörig durcheinanderwirbeln und andere Hersteller bei der Preisgestaltung unter Druck setzen. Wenn sich dann bei den Käufern auch noch die Erkenntnis durchsetzt, dass manche Elektroautos aufgrund der deutlich geringeren Kosten für Treibstoff, Reparaturen und Wartung über ihre Lebensdauer hinweg günstiger sein können als Verbrenner, dann dürfte die seit Jahren erwartete Elektro-Revolution tatsächlich in die Gänge kommen.

“Die Elektromobilität nimmt in vielen Ländern bereits erheblich an Fahrt auf. Dabei wird die Dynamik vor allem von regulatorischen Rahmenbedingungen und attraktiven Modellangeboten einiger Hersteller getrieben”, sagt Stefan Bratzel von Center of Automotive Management (CAM). Jedoch sei erst im Jahr 2020 von einer höheren Dynamik auszugehen. “Ausschlaggebend sind die massiven Produktanstrengungen vieler Hersteller und das zu erwartende regulatorische Umfeld in zentralen Autoländern”, so Bratzel.

Für Deutschland und die EU erwartet der Autoexperte 2020 einen “exponentiellen Anstieg” des E-Auto-Absatzes, da die Hersteller die dann geltenden CO2-Limits erreichen müssen und Strafzahlungen verhindern wollen. Die EU hat festgelegt, dass Personenwagen im Flottendurchschnitt 2021 nicht mehr als 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen dürfen. Zwischen 2021 und 2030 soll der Kohlendioxid-Ausstoß im Flottendurchschnitt der Hersteller um 37,5 Prozent sinken. Mit folgenden Fahrzeugen gehen die Autohersteller die Herausforderung an.

Gedränge in der Kleinwagen-Klasse

Wer weniger als 20.000 Euro für ein Elektroauto ausgeben will, muss sich mit einem Kleinwagen zufrieden geben – und noch etwas Geduld mitbringen. Volkswagen hatte ein erschwingliches Modell im vergangenen November angekündigt und damit für viel Wirbel in der E-Auto-Szene gesorgt, vermuteten viele doch einen weiteren Stromer der kommenden ID-Familie. Gemeint war, wie sich einige Tage später herausstellte, jedoch lediglich die Neuauflage des E-Up, die 2020 mit größerer Batterie auf die Straße kommen soll. Seit einer Preissenkung vor wenigen Wochen kostet auch der aktuelle Elektro-Up weniger als 20.000 Euro. Allerdings erst nach Abzug des Umweltbonus’ in Höhe von 4000 Euro, der im Juni 2019 auslaufen soll. Gleiches gilt für die Elektro-Version des Smart, die ohne die Förderprämie für 22.000 Euro zu haben ist.

Dank ihrer Zugehörigkeit zum VW-Konzern können auch Skoda und Seat bald Elektroautos mit E-Up-Technologie verkaufen. Den Citigo E soll es Ende 2019mit 300 Kilometern Reichweite geben. Auf der gleichen Plattform wird der Seat eMii erwartet. Er wird in Spanien bereits in einem Carsharing-Projekt getestet und könnte bald bei den hiesigen Händlern stehen. Im Standard-Design seines Verbrenner-Bruders soll der Peugeot 208 im kommenden Jahr elektrifiziert werden.

2020 wird das Angebot in der Kleinwagen-Klasse noch größer. Dann wollen Opel mit dem Corsa E und Honda mit dem EV im Retro-Look des ersten Civic ebenfalls am wachsenden Markt teilhaben – im Schnitt hat sich die Zahl der weltweiten E-Auto-Verkäufe seit 2010 von Jahr zu Jahr annähernd verdoppelt. Für die Platzhirschen in dieser Klasse, den Smart von Daimler und den Renault Zoe, dürfte es mit der steigenden Konkurrenz schwierig werden, ihre Stellung zu halten.

Wird der VW ID das Maß der Dinge?

Die Kompakt- und Mittelklasse beherrschen momentan BMW i3, Hyundai Ioniq, Nissan Leaf und VW e-Golf. In diesem Segment zwischen 30.000 und 40.000 Euro dürfte sich in den kommenden zwei Jahren einiges ändern. Denn der ID von Volkswagen, den die Wolfsburger 2020 zum Kampfpreis von unter 30.000 Euro und mit bis zu 600 Kilometern Reichweite anbieten wollen, hat das Zeug dazu, es dem Käfer und dem Golf gleichzutun und eine neue Ära einzuleiten.

Mit dem ID (abgebildet ist eine Konzeptstudie) will Volkswagen eine neue Ära einleiten – wie einst mit dem Käfer oder dem Golf.
it dem EQA will Mercedes-Benz ab 2020 in der Kompaktklasse punkten.

Dann könnte es für das ebenfalls stark gehypte Tesla Model 3, den Massenstromer des Elektroauto-Pioniers aus den USA, schwierig werden, neue Kunden zu gewinnen. Nach Anlaufschwierigkeiten in der Produktion sollen die ersten Kunden in Deutschland zwar Februar 2019 ihr vorbestelltes Model 3 bekommen, allerdings werden die in Europa angebotenen Konfigurationen zunächst bei knapp 58.000 Euro starten. Das ist gut doppelt so teuer wie der neue VW, für den die Wolfsburger den Innenraum-Komfort eines Passat versprechen. 2019 nimmt Volkswagen Vorbestellungen für den ID entgegen. 2020 wollen weitere Hersteller in dieser Klasse punkten. BMW hat einen rein elektrischen Mini angekündigt, Mercedes arbeitet am EQA, Citroën will den C4 elektrifizieren.

Limousinen lassen auf sich warten

Seit 2012 ist das Tesla Model S die einzige rein elektrische Limousine im Segment der gehobenen Mittel- und Oberklasse. Und verkauft sich in den USA schon seit Jahren besser als die herkömmlich angetriebene deutsche Konkurrenz um Mercedes S-Klasse, Audi A8 und BMW 7er. Einen der oft beschworenen “Tesla-Killer” muss das Model S in seinem Revier der Premium-Limousinen auch in den nächsten Jahren nicht fürchten. Denn das Gran Coupé BMW i4, ein Mercedes EQS als möglicher Elektro-Ableger der S-Klasse oder der VW Vizzion, ein Elektroauto in Tradition des Phaeton, werden frühestens 2020 debütieren.

Viel Bewegung bei den kleinen SUV

Weil sich die dicken Akkus eines Elektroautos in eine aufgebockte Karosserie weitaus eleganter integrieren lassen als in der flachen Linie einer Limousine, bringen viele Hersteller ihre ersten Stromer im SUV-Segment auf die Straße. Die annähernd baugleichen Hyundai Kona und Kia E-Niro bieten bei den kompakten SUV momentan die höchste Reichweite fürs Geld. Beide kommen mehr als 450 Kilometer weit und kosten mindestens 35.000 Euro. Citroëns sportliche Premiummarke DS will dem Duo aus Südkorea noch 2019 den DS3 Crossback E-Tense entgegenstellen. Der Volvo XC40 als erstes Elektroauto der schwedisch-chinesischen Marke sowie der BMW iX3, deren Serienversionen Anfang 2020 erwartet werden, setzen ebenfalls auf die Kombination sportlich und Premium.

Hyundai ist bekannt für seine effizienten Elektroantriebe. Bei einem Test schaffte der Kona mehr als 600 Kilometer mit einer Akkuladung.
Citroens Premium-Tochter DS steigt mit dem DS3 E-Tense ins Elektroauto-Geschäft ein.
Der erste Elektro-SUV von BMW, der iX3, soll 2020 erhältlich sein (Bild einer Konzeptstudie).

 

Große SUV und Sportwagen sind rar

Das Segment der luxuriösen Oberklasse-SUV teilen bislang das Tesla Model X und der Jaguar I-Pace unter sich auf. Schon bald gesellen sich der Audi E-Tron sowie der Mercedes EQC hinzu. Und wenn Porsche 2019 den Taycan auf die Straße lässt, wird auch die Klasse der Sportwagen endlich elektrisch – abgesehen vom Tesla Roadster, der seit 2012 nicht mehr produziert wird und einigen Kleinserien-Sportraketen, für die ein siebenstelliges Budget fällig wird. Die Plattform des Taycan darf auch Konzernschwester Audi für ihren E-Tron GT nutzen, der 2020 den R8 beerben soll.

Um dem Elektro-Sportwagen Taycan sowie dem E-Tron GT eine möglichst flache Linie ins Profil zeichnen zu können, ohne dass wegen des Akkus im Unterboden die Beine der Fonds-Insassen allzu weit in Richtung Kinn wandern, haben die Ingenieure im Bereich vor den Rücksitzen extra Aussparungen eingebaut, getauft “Fußgaragen”.

Tiefer Schwerpunkt, viel Leistung an allen vier Rädern: der Porsche Taycan (hier als Konzeptstudie zu sehen).
Auf der gleichen Plattform wie der Taycan steht der Audi E-Tron GT (Bild zeigt eine Konzeptstudie).
Der EQC ist der Stromer-Erstling von Mercedes-Benz.

Tesla hingegen hat den Verkauf des Roadster der zweiten Generation, vor einiger Zeit für 2020 in Aussicht gestellt, zur Enttäuschung vieler Fans verschoben. Erst soll die holprig gestartete Produktion des Model 3 und des darauf aufbauenden Kompakt-SUV Model Y, der 2020 debütieren dürfte, rundlaufen. Das wird Porsche und Audi beruhigen. Denn Tesla-Chef Elon Musk hat für seinen neuen Elektro-Sportwagen atemraubende Leistungsdaten in Aussicht gestellt: Der neue Roadster soll weniger als zwei Sekunden für den Sprint auf 100 km/h benötigen und gut 400 km/h schnell werden. In der Basisversion.

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